Meine Heimatstadt

Geboren und aufgewachsen bin ich in Timisoara/Rumänien, wohin ich auch immer gerne wieder zurückkehre.

Zu sozialistischen Zeiten war die Region von der Nahrungsmittelverarbeitung, der Textil- und Lederindustrie geprägt. In den 1990er Jahren veränderte sich die Wirtschaftsstruktur der Stadt, mit neu angesiedelten Wachstumssektoren wie Elektro- und Baumaschinenindustrie, Automobilzulieferer und der IT-Branche. Timișoara gehört zu den Entwicklungszentren des Landes, und die Wirtschaft hier befand sich seit 2004 in einer Boomphase.

Die Arbeitslosigkeit im Kreis Timiș liegt mit 4,6 Prozent unter dem Landesdurchschnitt von 8,3 Prozent.

Von 553 herrschten die Awaren zweihundert Jahre lang ueber das Gebiet des heutigen Timișoara und errichteten auf den Ruinen des ehemaligen roemischen Wehrbaus Zambara eine neue Siedlung namens Beguey, strategisch gelegen zwischen den Fluessen Beghei Bega (Theiß) und Temesch. Nach den Awaren zogen die Petschenegen ins Banat. Auch Kumanen, Bulgaren und Walachen waren hier ansaessig, gefolgt von den Magyaren zum Ende des Jahrtausends. Es wird vermutet, dass die Festung Temeschburg schon im 10. Jahrhundert in awarischer Architektur errichtet wurde und sich, mit Wassergraeben umgeben, an der Stelle des heutigen Nationaltheaters und Opernhauses Timișoara befand.

Im Jahr 1154 wurde Temeschburg erstmals durch den arabischen Geographen al-Idrisi urkundlich erwaehnt. Nach der Zerstoerung durch die Tataren im Jahre 1241 rief der ungarische Koenig Bela IV. deutsche Siedler in das entvoelkerte Land, welche die Stadt wieder aufbauten. Unter Karl Robert I., der im Jahre 1311 den ungarischen Thron bestieg, war Timișoara schon eine volkreiche und befestigte Stadt. Dieser machte den Ort zu seiner Residenz und regierte zwischen 1316 und 1323 von hier aus fuer einige Jahre das Ungarische Reich. 1443 durch ein Erdbeben erneut zerstoert, wurde Temeswar 1552 von den Osmanen eingenommen und fuer 164 Jahre Teil des Osmanischen Reichs.

Die Stadt wurde nach dem Venezianisch-Oesterreichischen Tuerkenkrieg und der Eroberung des Banats durch das habsburgische Oesterreich im Jahre 1716 zur Festungs- und Garnisonsstadt ausgebaut und blieb in den folgenden beiden Jahrhunderten unter oesterreichischer beziehungsweise spaeter oesterreichisch-ungarischer Herrschaft. Temesvár wurde in seiner Geschichte von mehreren Pest- und Choleraepidemien heimgesucht und in Kriegen mehrmals belagert, u. a. von den Tuerken und waehrend der Revolution von 1848. 1849 bis 1860 war Timișoara die Hauptstadt des Kronlandes Woiwodschaft Serbien und Temescher Banat.

In der zweiten Haelfte des 19. Jahrhunderts kam Timișoara zu wirtschaftlicher und kultureller Bluete, wozu der Anschluss an das Eisenbahnnetz (1857) und die Kanalisierung der Bega wesentlich beitrugen. Eine weitere wesentliche Neuerung war die 1869 eroeffnete Pferdestraßenbahn; sie war nach Budapest die zweite Straßenbahn auf dem Gebiet Altungarns, die erste des heutigen Rumaenien und eine der ersten weltweit. 

Ab dem 12. November 1884 gehoerte die Stadt nach Paris, Nuernberg, Steyr und Berlin zu den ersten Staedten Europas mit elektrischer Straßenbeleuchtung.
 
Im Ersten Weltkrieg blieb Timișoara von Kampfhandlungen verschont, war dann aber Ziel der Auseinandersetzungen zwischen dem Koenigreich Serbien und Rumaenien, denen die Alliierten jeweils das gesamte Banat vertraglich zugesichert hatten. Am 14. November 1918 besetzten serbische Truppen die Stadt; am 3. August 1919 wurden diese dann von rumänischen Truppen vertrieben.
 
Die Teilung des Banats wurde am 4. Juni 1920 im Friedensvertrag von Trianon besiegelt und sprach die Stadt Rumaenien zu. Dadurch verlor Timișoara einen Teil seines Umlandes und die staatliche sowie infrastrukturelle Bindung an den mitteleuropaeischen Raum. Diese Veraenderung fuehrte zusammen mit den Wirtschaftskrisen der Zwischenkriegszeit zur wirtschaftlichen Stagnation, wovon sich Timișoara erst Ende der 1920er und Ende der 1930er Jahre erholen konnte.
 
Im Zweiten Weltkrieg wurden unter anderem der Bahnhof Gara Timișoara Nord und die Bahnanlagen durch einen alliierten Bombenangriff zerstoert. Nach dem Seitenwechsel Rumaeniens kam es am 30./31. Oktober 1944 zu Bombardierungen durch deutsche Luftstreitkraefte.

Die rumaenische Revolution gegen die kommunistische Diktatur Nicolae Ceaușescus hatte ihren Ursprung in Timișoara. Ausloeser war der Widerstand der reformierten ungarischen Gemeinde in der Elisabethstadt gegen die Zwangsversetzung ihres Pfarrers László Tőkés, gegen die am 14. Dezember 1989 Wache gehalten wurde. Am 15. Dezember 1989 fanden zahlreiche Demonstrationen und Unruhen statt. Es kam in der Folge zu einem Massaker auf dem Platz der Oper, als Armee und Securitate auf Demonstranten schossen, unter ihnen unschuldige Kinder, die ihr Leben als erste Opfer der Revolution ließen. Die genauen Opferzahlen sind bis heute noch nicht geklaert und lassen viele Fragen offen. Es wird von 153 Toten in Timișoara ausgegangen. Die revolutionaeren Ereignisse in Timișoara breiteten sich im gesamten Land aus und fuehrten schließlich dazu, dass Ceaușescu als einziges Staatsoberhaupt im Rahmen der Revolutionen im Jahr 1989 gewaltsam gestuerzt wurde. Unmittelbar nach einem Schauprozess wurden er und seine Frau Elena standrechtlich erschossen. Die Proklamation von Timișoara, in der die Aufstaendischen aus Timișoara am 11. Maerz 1990 ihre politischen Ziele darlegten, ist als erstes Dokument zur Gruendung eines demokratischen Rumaenien anzusehen.